So, wie versprochen noch mal ein paar Zeilen, warum ich mich zu der Malaria Thematik so aufgeregt habe.
Was du, raindoc, geschrieben hast, ist zwar inhaltlich alles richtig, aber meiner bescheidenen Meinung nach aus dem zeitlichen Kontext gerissen und damit logisch unschlüssig.
Als es zum Verbot von DDT (und DEET und ähnlichem) kam, hatten die Anopheles mitnichten bereits eine flächendeckende Resistenz entwickelt.
Ob nun ein "carpetbombing" zum gewünschten Erfolg geführt hätte, ist mMn müssig zu diskutieren, da reine Spekulation. Wir können das Rad der Zeit nicht zurückdrehen, und das einfach noch mal ausprobieren
Also ist meine steife Behauptung "ja" (da ich denke, dass die Anopheles Population großflächig zurückgedrängt worden wäre bevor die Resistenzen ausgebildet wurden) mindestens genauso richtig und/oder falsch wie deine.
Gar nichts wurde aus dem zeitlichen Kontext gerissen. Das WHO Global Malaria Eradication Programm wurde '69 eingestellt, die Amis haben DDT 1972 als Erste verboten.
Es ist keine flächendeckende Resistenz von Nöten, um zu erkennen ob ein "Medikament" erfolgreich sein kann oder nicht. Dies läßt sich aufgrund der Entwicklung(srate) eben dieser Resistenzen, also anhand des vermehrten Auftretens vorhersagen. Die entwickeln sich nicht spontan zurück solange eine Population den Noxen weiterhin ausgesetzt ist (mehr dazu später).
Ein flächendeckender Einsatz verstärkt die Resistenzbildung. Das hat nichts mit Spekulation zu tun und ist nicht müssig zu diskutieren, sondern gar nicht. Wenn du mir nicht glaubst, frag den Bauer deines Vertrauens. Mehr Noxen = mehr Resistenzen aufgrund der vermehrten Selektion.
Was den fett gedruckten Teil angeht: neinneinneinneinnein. Das ist keine Glaubensfrage. Es geht nicht um Meinungen, sondern um eine Sachlage. Schon in den 50ern zeichnete sich ab, das Pestizide alleine (auch teurere als DDT) nicht ausreichen würden um die Malaria auszurotten, einfach deshalb, weil das humane Reservoir nicht erreicht wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurden Medikamente wie Cloroquin "einsatzbereit", aber nach wenigen, sehr erfolgreichen Jahren, stellte sich eine Art "Ceiling Effekt" ein. Man konnte noch so viel sprühen und noch so viele Medis austeilen, die Infektionsrate konnte nicht weiter gesenkt werden.
Das Ziel konnte also offensichtlich nicht mehr erreicht werden, die Kosten liefen aber weiter. Das WHO Projekt wurde eingestellt, es kam zu einem Rebound-Effekt und die Infektionsrate schnellte in die Höhe, weil natürliche Resistenzen der menschlichen Population aufgrund der ersten Erfolge zurückgegangen waren (weniger Noxen = weniger Resistenzen).
Was mir aber an der Aktion so sauer aufstößt, sind zwei Dinge.
Einmal, dass dieses damalige Verbot auf gefälschten Studien beruht hat, die behaupteten, das Zeug würde Krebs verursachen. Die eigentlichen amerikanischen Hauptargumente (Audubon: Vogeleierschalen) haben in Europa kaum eine Rolle gespielt. Besagte Studien wurden nie überprüft oder dem üblichen peer review unterzogen, sondern mit glühendem Eifer zur Religion erklärt.
Zusätzlich hat man sich desweiteren dazu verstiegen, dass afrikanischen Nationen damit gedroht wurde, jegliche Handelstätigkeit einzustellen, wenn die gewisse Substanzen (wie Pestizide und eben auch DDT) weiterhin verwenden.
Gefälscht wurde gar nichts, mit diesem Vorwurf kriminellen Verhaltens solltest du achtsamer Umgehen. Carson zog falsche Schlüsse aus den Studien anderer und schrieb ein populärwissenschaftliches Buch, es folgte eine hysterische Reaktion der Öffentlichkeit und DDT wurde verteufelt. Zu diesem Zeitpunkt hatte dies aber keinen Einfluss auf das WHO Programm mehr, welches in den Jahren zuvor bereits aufgegeben worden war.
Zusätzlich hat man sich desweiteren dazu verstiegen, dass afrikanischen Nationen damit gedroht wurde, jegliche Handelstätigkeit einzustellen, wenn die gewisse Substanzen (wie Pestizide und eben auch DDT) weiterhin verwenden.
Hier wurde das Selbstbestimmungsrecht anderer Volker mit Füßen getreten. Nicht etwa für good governance, oder die Unterstützung von Demokratie oder anderen hehren Zielen. Nein, schlichter überheblicher erhobener Zeigefinger gegenüber der Dritten Welt, die sich erst kürzlich aus den Fängen der Kolonialzeit befreit hatte.
Das glaube ich sofort, hätte aber dennoch gerne Quellen dafür.
Es ändert auch nichts daran, dass DDT (oder andere Pestizide) alleine völlig unzureichend sind um die Malaria auszurotten. Nochmal: das war seit den 50ern bekannt.
Die Last und das Elend hatten natürlich auch nur besagte Staaten in Afrika zu tragen. Einige hatten durchaus beträchtliche Erfolge in der Malariabekämpfung vorzuweisen - die sie nun opfern mussten, um im wahrsten Sinne des Wortes nicht am langen Arm zu verhungern.
Man nehme es mir nicht übel, aber ich reise sehr viel, und gerade auch in der dritten Welt. Und das ist enorm desillusionierend. Meine Meinung über so genannte Hilfsorganisationen, gerade und insbesondere die der UN, ist aus der eigenen Erfahrung eine ganz ganz miese.
Auch ich reise viel, gerade nach Afrika. Meine Familie, mein ganzer Heimatort hat seit den 60ern enge wirtschaftliche Kontakte nach Afrika, vor allem Nigeria und Benin. Gerade war die nigerianische First Lady zu Besuch. Eine Ex lebte in Namibia. Ein halbes dutzend Verwandter und Bekannter/Freunde sind schon an Malaria erkrankt.
Das macht einen genausowenig zu einem Malaria-Experten wie Kinderkriegen jemanden zu einem Impfexperten macht, auch wenn viele Leute anders denken.
Ich teile deine Meinung über (die meisten) Hilfsorganisationen/Entwicklungshilfe-Unternehmungen, aber das reicht eben nicht aus um darüber zu lästern, dass Gutmenschen die Malaria-Eradikation in Afrika durch ein Verbot von DDT verhindert haben - es waren unzureichende Mittel, sowohl finanziell, als auch therapeutisch.
Es ging nicht so leicht wie man sich das vorgestellt hatte, man kam bei steigenden Kosten nicht mehr weiter und stellte die Finanzierung ein.
Riesengroßer Mist war das (siehe o.g. rebound effekt), kostete unzählige Menschenleben, aber Carson & Co sind nicht dafür verantwortlich zu machen, dass es die Malaria noch immer gibt.
EDIT: Heute ist zufällig Welt-Malaria-Tag.
Artikel in der Zeit.