Ich wollte mir damals die Chance nicht entgehen lassen, die Wirtschaft kennenzulernen. Die Lernkurve war steil dementsprechend und seit einem Jahr bin ich Geschäftsführer. Allerdings bin ich nicht glücklich mit den Aufgaben und der Branche und der Unternehmenskultur. Letzteres kann ich vielleicht auf lange Sicht ändern, aber ich weiß garnicht, ob das gut wäre. Ist ein beinhartes Business und ich bin immer total auf Ausgleich und Beschwichtigung gepolt. Anwalt halt.
Ich hab zwei große Sachen, die mich vom Wechsel abhalten. Einerseits Verantwortungsgefühl gegenüber meinen Mitarbeitern und meinem Chef, der nicht einfach ist aber mich total gefördert hat. Andererseits eine gewisse Existenzangst, weil ich keine Aussicht auf was anderes habe.
Wenn man von seiner Arbeit nicht überzeugt ist, dann kann man meiner Meinung nach auf lange Sicht nicht glücklich werden und auch nicht das leisten, was man gerne leisten will. Das Leben ist zu kurz, um seine Zeit und Energie in etwas zu stecken, was einem nicht genug zurück gibt. Und es besteht die Gefahr, irgendwann nicht mehr sein Bestes geben zu können, weil der Beruf einen nicht mehr voll motivieren kann, oder der Beruf schlicht nicht hinreichend genug zu den eigenen Präferenzen und Fähigkeiten passt. Im schlimmsten Fall kann sich das dann auch auf Mitarbeiter und Kunden auswirken.
Das Verantwortungsgefühl gegenüber dem Mentor und den Mitarbeitern ist natürlich gewichtig. Aber ich glaube, dass die meisten Leute eine solche Situation gut verstehen. Gerade, wenn man sich gut um einen Nachfolger kümmert.
Die Existenzangst ist natürlich problematischer, denn zuallererst müssen wir alle unser Brot verdienen. Hier hängt alles davon ab, wieviele finanzielle Verpflichtungen man einhalten muss. Aber generell halte ich Geld für deutlich weniger wichtig, als berufliche Erfüllung, solange man genug verdient, um sich keine Sorgen machen zu müssen. Ich persönlich könnte auf vieles verzichten, ohne mich dadurch schlechter zu fühlen. Prinzipiell brauche ich weder eine große Wohnung, noch ein Auto, noch jeden Monat neue Gadgets oder Spielsachen. Ein Job, bei dem ich jeden Morgen genervt bin, hingehen zu müssen, würde mich auf lange Sicht aber kaputt machen. Jeden Tag 8-10 Stunden in etwas investieren, was langweilig und sinnlos ist, und das auch noch in einer unkollegialen Atmosphäre? Wenn man den Luxus hat, nicht gezwungen zu sein, einen solchen Beruf auszuüben oder eine solche Stelle innezuhaben, dann ist das Leben zu kurz für sowas.